Die Tretmühle, Teil 2

18:irgendwas ….. Die Kollegen sind mittlerweile alle im wohlverdienten Feierabend. Ich belagere erst einmal die Kaffeemaschine, mache Musik an und schaue mir den Berg an, der sich auf meinem Schreibtisch auftürmt. Was nun?

Die ganzen Protokolle schreiben, die sich in den vergangenen 1, 2 oder 3 Wochen angesammelt haben (Und die sich unter Garantie nie wieder jemand ansehen wird – QM ist was feines.) ?
Muss ich noch etwas für kommende Tätigkeiten vorbereiten? Alle informiert? Hab ich noch was vergessen?
Nach ein oder zwei Stunden und ein paar Espresso später ist das halbwegs erledigt – zumindest sollte für den nächsten Tag alles in die Wege geleitet sein. Aber da ist immer noch das Gefühl, ich hätte was vergessen … Ich habe zwar das Gefühl, ich könnte es fassen – aber dann hat es sich wieder davon geschlichen, irgendwo hinter dem ganzen Konfetti in den Hirnwindungen. Als der Schwindel einsetzt, lasse ich das ziehen. Perfektion ist ohnehin nicht erreichbar – mir reicht es schon, wieder einen Tag überlebt zu haben.

19:00 oder 20:00 – Ich mache den Rechner aus … aber nach Hause? Ich mag nicht … nochmal bei den Kollegen der Sicherheit vorbeischauen, auf einen Kaffee, ein paar Zigarettchen und ein paar kurzweilige Gespräche.

Irgendwann bis 23:00 – Nach einer langweiligen Bahnfahrt mit Musik in den Ohren, um zu versuchen, etwas zu entspannen – mal ein paar Minuten einfach nur den Klängen von Metallica, Eisbrecher oder Nightwish lauschen, Puls und Atmung unter das Niveau eines flüchtenden Kaninchens zu bekommen und einfach mal nicht denken zu müssen.

Denken … an das, was ich den Tag über nicht auf die reihe bekommen habe … an das, was mich zu Hause erwartet … an das, was mich am nächsten Morgen erwartet … was nicht klappt, weil ich etwas vergessen hatte … an das, was ich vergessen habe … wie lange ich mir das noch antun will … Gedanken, die mit jeder Windung an Schwung aufnehmen – wie ein Bob, der durch die Gehirnwindungen gleitet, immer schneller, immer unkontrollierbarer. Cool Runnings in meinem Kopf. Aber am Ende winkt kein olympisches Gold. Nur das Gefühl, den Boden unter den Füssen weggezogen zu bekommen, Knoten in den Eingeweiden, Herzrasen und Schweiss-Ausbrüche.

Endlich naht die Endstation. Endlich Raus aus dem Waggon. Raus in die kühle Nachtluft. Raus aus der Station, obwohl der Anschluss-Zug gleich fährt. Egal … erst einmal raus. Erst einmal eine Zigarette. Der nächste Zug fährt ja schon in 20 oder 40 Minuten. Erst einmal ruhig durch den dunklen Park, misstrauisch die Schatten beäugen.

Irgendwann komme ich zu Hause an. Ins Haus gehe ich lieber über die Tiefgarage, dann muss ich nicht sehen, ob irgendetwas aus dem Briefkasten hängt. Das hat Zeit. Ein paar Tage. Oder Wochen. Auf jeden Fall aber allerspätestens, bis ein mittleres Wunder passiert. Im dunklen schleiche ich das Treppenhaus in den 1. Stock hoch. Das fehlt mir noch, das mir jetzt noch wer über den weg läuft. Ich kenne mittlerweile alle Stufen mit Vornamen und muss mich nicht einmal mehr konzentrieren. Den Schlüssel bekomme ich auch Blind ins Schloss und endlich kann ich die Tür hinter mir zu machen. Das Kaninchen ist dem Fuchs wieder gerade so entkommen.

In meinem Bau angekommen lasse ich alles Fallen, gönne mir erst einmal eine Zigarette – und muss noch mit meiner Freundin telefonieren, wenn ich das auf der Arbeit nicht schon geschafft habe. Irgendwann lege ich mich dann auf die Couch, schaue noch irgendeine DVD und dann klappt jemand den Schalter um – und ich bin eingeschlafen.

Ein Tag wie jeder andere.

Ein Gedanke zu “Die Tretmühle, Teil 2

  1. Ein wenig überspitzt, ein wenig übertrieben – und natürlich ist nicht jeder Tag exakt so abgelaufen. Aber doch hat sich jeder Tag so oder in ähnlicher Form entwickelt – und ist auch so abgelaufen.

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